1889 konstatierte Heinrich Hertz in einer Rede über die Entwicklung der Physik, deren letztes Ziel sei der Nachweis, dass »alles, was ist, aus dem Äther geschaffen sei«. Im Rahmen der Theoretisierung des Elektromagnetismus hatte sich die Ätherphysik zur Universaltheorie gemausert und es galt als sicher, dass mit ihrer Hilfe bald die letzten kosmischen Geheimnisse gelüftet werden. Einstein machte mit seiner speziellen Relativitätstheorie jedoch all diese Hoffnungen auf einen Schlag zunichte und entlarvte den mechanischen Äther als ein Phantasma, das Generationen von Physikern hinters Licht geführt hatte.
Nur etwas mehr als 60 Jahre später – kurz nach der Entwicklung des Digitalcomputers – hatte Konrad Zuse die Vision eines nunmehr digitalen Universums und heute gilt unter immer mehr Physikern Information als »der Urstoff des Universums«, als »das Garn, das alle Phänomene um uns herum verbindet und ihren Ursprung erklärt«. Ausgehend von dieser Beobachtung vertritt Donner die These, dass der Informationsbegriff in Zeiten allanwesender Informationstechnologien diskursiv an dieselbe Stelle tritt, die dereinst dem Äther zukam. Kurz: Der Informationsbegriff läuft Gefahr, zum ›Äther 2.0‹ des Digitalzeitalters zu werden.
Die Kontextualisierung und Gegenüberstellung der zwei großen physikalischen Rahmenprogramme fördert verblüffende Zusammenhänge und strukturelle Parallelen aber auch gravierende Differenzen zutage. Dabei wird klar, dass erst die unausgesprochene Überlagerung beider Theorieschichten die heutige Medienlandschaft, die »Informationsgesellschaft« und unsere zunehmend technomedial vermittelten Weltbilder ermöglichte. Zudem wird deutlich, dass aufgrund des universal-kosmologischen Anspruchs der physikalischen Theoriebildungen nicht nur epistemologische sondern immer auch gesellschaftspolitische Fragen berührt sind.