Das Problemlösen bildet die Matrix des Westens: sein Ethos und sein akribischer Ehrgeiz, von Adolf Eichmann bis zu Ray Kurzweil, liegen im definitiven Lösen von Problemen, und, als Symptom seiner sukzessiven Verselbständigung, in der Konstruktion gigantomanischer Probleme, die eine möglichst haltbare Performanz fanatischen Problemlösens versprechen; nationalsozialistisch: die Juden, digitaltechnizistisch: Denken und Leben. Was einmal mit dem Stigma des Problematischen behaftet ist, wird rigoros seinem Verschwinden versprochen. Die Aufgabe von Kulturkritik wäre, im Namen des vielmehr Richtigen gegen das virulent Falsche pointiert Einspruch zu erheben, wäre nicht solch ein Dualismus samt dem impliziten Terrorismus der entsprechend revolutionären Kritik äußerst suspekt geworden. Das Denken der Unhintergehbarkeit all der Zeichen, in welchen wir uns je orientieren, schneidet ihr wirksam den Weg ab. Allererst gilt es daher neu und zeichenphilosophisch zu buchstabieren, was Kritik heißen kann. Als kontroverse Diskursanalyse zettelt sie einen Streit um die Bedeutung von Zeichen an, einen Widerstreit um die des Problems. Eine Liebe zum Problem, welche Derrida oder Wittgenstein vor Augen führen, konterkariert diesen Gehorsam nachhaltig. Sie kann das Motiv eines Philosophierens sein, das auch nicht das einzig Wahre wäre, aber eben darum den Wirklichkeitsverlust absoluten Problemlösens zu entschleunigen vermag.
Problemlösen und PhilosophierenEine zeichenphilosophische Kulturkritik
»Das Judenproblem brannte uns auf den Nägeln und rückte in den Vordergrund.« Adolf Eichmann
»Oder soll ich nciht sagen: daß, wer richtig lebt, das Problem nicht als ›Traurigkeit‹, also doch nicht problematisch empfindet, sondern vielmehr als eine Freude.« Ludwig Wittgenstein