»Die Welt ist alles, was der Fall ist.« Was aber ist der Fall? Lässt er sich abbilden, fotografieren? Ist er schlicht unbezweifelbares Faktum, Tatsache, Gewissheit? Oder lässt er als Sturz gerade diese Sicherheiten unsicher und prekär erscheinen?
Die Bildgeschichte des Fallens ist noch kurz. Erst mit der Fotografie wird jene eigentümliche Verschränkung von Determination und Freiheit eigentlich zum Sujet. Und erst der mediale Eigensinn der Chronofotografie lässt die Komplexität des Vorgangs sichtbar werden.
Dagegen reicht seine Geschichte als Denkfigur bis zur Erzählung über die Vertreibung aus dem Paradies zurück. Heinrich von Kleist sieht den Fall als Zeichen der »gebrechlichen Einrichtung der Welt« überhaupt. Stück für Stück entwickelt sich das permanente Fallen vom Lapsus zur conditio humana. Der Mensch, die Welt ist alles, was im Fall ist. In einer Zeit, in der die GoPro den Kick des Stürzens in Netzvideos multipliziert, verliert alles Verlässliche, Stabile seinen Reiz. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist der Fall zum Signum einer ganzen Kultur geworden.